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Immer einen Schritt näher zu mir

Ein Erfahrungsbericht von der Tantra-Neujahrcelebration von Thomas V. aus Innsbruck

Mein erstes Tantraseminar! Da Männer ja bekanntlich „keine Angst haben", habe ich beschlossen, forsch und kernig aufzutreten, was mir eine unbekannte Shakti gleich beim ersten Abendbufett runterräumt. „Wem willst denn du imponieren?" „Naja den Frauen", kann ich jetzt schlecht sagen. So schüttel ich nur mißbilligend den Kopf und bleib ich meinem angeknacksten Selbstwert sitzen. Und das ist natürlich nichts Neues. Wer bin ich als Mann? Wie wollen mich die Frauen haben?

„Der Wandel ist dem Leben immanent!" behaupten die Gruppenleiter großspurig. „Meine Selbstzweifel haben sich noch nie geändert!" denke ich verbissen. Die Frauen hier scheinen sie ja nicht zu haben. „Machst mit mir das Berührungsritual?" steuert eine ganz direkt auf mich zu. Ja! Nein! Natürlich, ja! Ich weiß gar nicht, was ich will. Sie wirkt nett, hat schon einige Tantraseminarserfahrung. Noch schlimmer! Oder besser?
Ein Wunsch zieht schmerzlich mein Herz zusammen: Anerkennung! Und dahinter die Sehsucht nach Frieden, endlich in Frieden mit mir zu sein. Ich bin dieses ewige innere Gekeppel so satt .Nie bin ich mir selber recht. Zum Kotzen. Und das wird sich nie ändern, auch nicht auf diesem komischen Seminar. Ich werd ewig dasselbe Weichei bleiben und bei den Frauen nichts reißen.

Stop! höre ich plötzlich. War das jetzt in mir oder außerhalb von mir? Stille liegt über dem Gruppenraum. Alle TeilnehmerInnen stehen mit nach innen gekehrter Haltung. Ich kann keinen fragen. Ich blicke an mir hinunter.Ich bin bis auf die Boxershort nackt. „Nacktsein bedeutet im Tantra schlicht und einfach ICH selber zu sein. Masken, Muster, Verstellungen fallen zu lassen!" Wie ich meine Kleider.

Was wäre, wenn ich jetzt meine Selbstzweifel fallen ließe? Ein Radau entsteht in mir. Unvorstellbar. Ein eingebildeter Schnösel wäre ich dann. Ein Macho! Keine Frau wollte mich haben. Was wärst du dann? echot es in mir. Du verdammter Holzkopf! Frei wärst du dann und liebenswert für die Frauen! Wer hat das jetzt gesagt?

Ich schaue mich neugierig an. Hellbraune Haut, behaarte Brust, Leberflecken am Bauch. So nah alles. „Bist wohl in dich selber verliebt?" entblödet sich eine Frau zu sagen, die mich beobachtet. Au, das tut weh. Wie ertappt! Nichts wie weg von hier. Stop! Ich lächle sie an und sage: „Nein, zum ersten Mal hab ich mich selber gern." Ihre Augen füllen sich mit Tränen. Meine gehen schon über. Und ich beginne mich erstaunt zu ... - ja, was eigentlich? - zu häuten.
Wie wenn ich ein viel zu enges Kostüm auszöge; ein Korsett der Selbstentwertung und Entwürdigung Stück für Stück von meinem Leib zöge. Erst jetzt stehe ich nackt vor ihr - und frei wie schon lang nicht mehr. Ich atme, mein Herz klopft bis zum Hals, mein Schwanz baumelt lustig im Raum. Feier des Wandels, singt es in mir.

Die Frau betrachtet mich fasziniert, dabei tue ich gar nichts. Halt, stimmt nicht: wir teilen eine wunderbare Meditation miteinander: ungekünstelt und heiter. Mein „Korsett" möchte ich um meinen Finger wickeln, und es da tanzen lassen.
Ich weiß, dass ich es immer wieder mal umlegen werde. Ich weiß aber auch, wie ich es ablegen kann. Ablegen, anlegen, ablegen,... Immer im steten Fluss der Veränderung. Immer einen Schritt näher zu mir.

Verein Lichtung
Tel. +43 - 2749 - 2594